Auf einen Kaffee beim schönsten Mann der Stadt

Eigentlich wollte ich am Samstag ja zum Jodelwandern gehen. Doch mit meinem Vertrauen in durchnässte Berghänge ist es nicht weit her. Also strawanzte ich stattdessen durch das sonnendurchglühte München. Zunächst empfing mich am Viktualienmarkt ein übergroßer Buddha. Es gibt ja die hockenden und die liegenden Buddha-Statuen. Hier handelte es sich um ein liegendes hockendes Exemplar und ist, glaube ich, Kunst. Er wurde deshalb, nicht nur von mir, sondern auch vielen anderen Menschen fotografiert. Weiter ging’s zum Holunderstandl, um Bergwiesensirup-Nachschub zu besorgen. Der Sirup schmeckt wunderbar zu Vanilleeis, und vielleicht lässt sich ja auch ein Sorbet draus machen, das will ich mal ausprobieren. Eis war dann das Stichwort und es trieb mich über einen Abstecher beim Dallmayr, Luxus gucken, durch die Residenzstraße, Glück tanken, zum Wittelsbacherplatz, im Schatten ausruhen, an die Gabelsbergerstraße, entstehendes Kunstwerk bestaunen, in die Türkenstraße, Brandhorst-Fliesen fotografieren, zum Ballabeni, Zitrone-Basilikum-Sorbet und Schokolade-Ingwer-Eis kaufen. Ich genoss es dann auf einer Bank zwischen Alter und Neuer Pinakothek und sah den Menschen beim Sonnen, Sporteln und Spielen auf dem Rasen zu. So manch ein Sonnenanbeter hatte sich passend zum Kunstwerk auf dem Grün drapiert, auch vor dem Gebäude der Hochschule für Fernsehen und Film, an dem ich später vorbeikam. Monumental wirkt der Eingang zum Ägyptischen Museum daneben, ich kam mir kurz wie in einem alten Hollywood-Schinken mit Elisabeth Taylor vor. Oh, ich sehe gerade, es wird morgen eröffnet.

Nach dem Eis hatte ich Lust auf einen Kaffee und dachte, ich könnte mal wieder diesen wunderschönen Mann in der Glyptothek aufsuchen, die auch ein sehr lauschiges Innenhof-Café hat. Früher konnte man es umsonst besuchen, inzwischen zahlt man 1 Euro Eintritt oder kauft sich eine Eintritts-Jahreskarte (das wäre doch vielleicht auch was für den Garten des Lenbach-Hauses?), die 2,50 Euro kostet. Da ich ja beim schönen Mann vorbeischauen wollte, zahlte ich den regulären Eintrittspreis von 3,50 Euro. Von der Kasse aus, eröffnet sich bereits ein Blick auf den dahingegossenen Körper des Barberinischen Fauns, eine berückende Marmorskulptur, die wahrscheinlich 220 v. Chr. in Griechenland entstand und von den Römern entführt und im 17. Jh. im Auftrag von Kardinal Barberini aufgepeppt (ihr fehlten ein paar Teile) wurde. Anfang des 19. Jh. kaufte ihn der bayerische König Ludwig I. und ließ ihn in der neu errichteten Glyptothek ausstellen. Die Skulptur hat eine ungeheuer sinnliche Ausstrahlung – ob sie ihr erst bei der Überarbeitung in Rom verliehen wurde, scheint nicht geklärt zu sein. Ihre Wirkung auf mich, lässt sich am besten mit einem Songtext von Alison Moyet beschreiben: „I go weak, weak in the presence of beauty“. (Ein Gefühl, das ich gelegentlich auch bei anderen Kunstwerken habe.) Die Perfektion der griechischen und römischen  Bildhauerkunst ist auch in den anderen Sälen zu bewundern. Witzig fand ich noch die Info, dass manche Skulpturen offensichtlich Kleidung trugen. Sie wurde in einer Technik geflochten, die sich „Sprangen“ nennt – also damit rechnet man jetzt mal nicht, so ein Steinwesen im „Strickleiberl“ zu sehen. Nach der Hälfte des Rundgangs stand ich dann in einer Art Mini-Café mit Kuchen-, Salat- und Panini-Vitrine und einer Theke, an der Getränke ausgeschenkt werden, und ein paar Sitzgelegenheiten. Da die Sonne schien, konnte ich meinen Kaffee in den Innenhof des Museums tragen und in herrlicher Stille genießen. Und über Antike und Moderne nachdenken …