Neuer Versuch

In der Grundschule wurde für uns Schüler das Jahr als großer Kreis aufgemalt und in Viertel zu je einmal Frühling, Sommer, Herbst und Winter und die einzelnen Monate aufgeteilt. Meine Sichtweise der Zeit scheint das stark geprägt zu haben, denke ich doch Vergangenheit und Zukunft nicht linear, sondern rund. Doch letztens fiel mir auf: Das stimmt so nicht. Eigentlich verlaufen die Jahre in meiner Vorstellung spiralförmig: Selber Tag, selber Monat, nur eine Etage höher mit neu dazugewonnenen Erfahrungen. Querverbindungen sind auf dieser Spirale, eine geniale Verbindung von kreisförmig und linear, jederzeit möglich, was zu interessanten Webmustern und manchmal neuen Eingebungen führt. Oft scheinen sich Dinge in mannigfaltigen Verkleidungen zu wiederholen, die nicht nur mit der mir zugemessenen Zeit, sondern auch mit dem Leben meiner/unserer Vorfahren zu tun haben. So fühlt sich das also an, dachte ich ab Anfang 2017 beklommen, wenn die sicher geglaubte Demokratie und andere Errungenschaften infrage gestellt oder sogar über den Haufen geworfen werden, die Dummheiten einzelner Machtmenschen – es sind ja noch so viele – mit einem Mal ein unglaubliches Gewicht erhalten und auf fruchtbaren Boden fallen, den man selbst für nicht mehr keimfähig gehalten hat. Und Worte umgedeutet und zu Hülsen mit anderen Inhalten werden. Und wenn man sich an Irrsinn gewöhnt, weil er „Arbeitsplätze sichert“ (z.B. umweltfreundliche Autos mit Abgaswertbetrug als Zugabe), gleichzeitig aber immer mehr Arbeitsplätze vernichtet werden.

Gute Gründe, die Hoffnung zu verlieren, oder … sich Inspirationen für andere Wege zu suchen. Mit großer Freude habe ich deshalb mal wieder „Was wir sind und was wir sein könnten“ von Gerald Hüther gelesen, ein Buch, das nicht umsonst den Untertitel „Ein neurobiologischer Mutmacher“ trägt. Auf Kreativität und Begeisterung, statt auf Leistungsdruck und Stress und diesen ewigen, unfassbar langweiligen Konkurrenzgedanken, zu setzen, scheint mir mehr als an der Zeit, und unser Hirn ist dafür eigentlich wie gemacht. Brücken statt Mauern und Gräben, uns verbinden, statt auszugrenzen – es könnte ja sein, wir lernen etwas von- und miteinander und erschaffen Wege, die wir allein gar nicht hinbekommen. Und dieser Ansatz ist nicht neu, es gab und gibt Völker, etwa die amerikanischen Ureinwohner, die den Vernetzungsgedanken über Generationen hinweg für wichtig hielten, da sie wussten und wissen, alles ist mit allem verbunden. Deshalb machten sie sich bewusst, dass jede ihrer Handlungen Auswirkungen auf die nächsten, mindestens sieben Generationen hat.
In diesem Sinne: Möge 2018 ein Jahr des gelungenen Austauschs werden, in dem wir fantasievolle, machbare Ideen entwickeln, sie Gestalt annehmen und wir zusammen friedvolle Wege finden und gehen.