Auf dem langsamsten Fluss Bayerns

Der Niederrheiner ist Wildwasserpaddler. Er fährt im Kajak Flüsse, die ich lieber vom Ufer aus betrachte. Aus Sicherheitsgründen, denn reißendes Wasser mit Walzen und Strudeln und kopfüber darin zu rollen, ist nicht so mein Ding. Letztes Jahr schenkte H. mir zum Geburtstag eine Kanureise auf der Altmühl. Eine Art Heldentat, denn: Wer dort nicht paddelt, bleibt an Ort und Stelle stehen, bei Gegenwind geht’s flussaufwärts! Ideale Ausgangsbedingungen für Fahranfänger wie mich, die es außerdem lieben, auf, im und überm Fluss sowie am Ufer Tiere zu entdecken. Letztes Jahr ging unsere Reise von Pappenheim über Dollnstein nach Eichstätt, durch einen beeindruckend schönen Teil des Naturparks Altmühltal mit seinen zum Teil recht imposanten Kalkfelsen. Wir hatten ein Zelt dabei und übernachteten auf Campingplätzen, die direkt vom Wasser aus angefahren werden können – das hat was, so anzulanden. Dieses Jahr sollte es eigentlich zum Main gehen, aber wir planten kurzfristig um und fuhren einen weiteren Abschnitt der Altmühl. Diesmal setzten wir in Eichstätt am Gewerbegebiet ein und paddelten in zwei Stunden unter dramatischem Himmel und ein wenig Regen nach Inching. Dort dürfen Wanderpaddler auf einem Bootsrastplatz einfach ihr Zelt aufschlagen. Abends kommt jemand und kassiert 3 Euro Gebühr, es gibt auch einen Frühstücksservice, den wir aber diesmal nicht in Anspruch nahmen. Abends wollten wir noch etwas essen und vor allem wieder das gute Bier aus den Altmühltal-Brauereien (Hofmühl – ein “Solarbier”, Gutmann, Wurm) genießen. Der einzige Wirt des Ortes war jedoch selbst im Urlaub. Also wanderten wir in mehr als einer Stunde ins benachbarte Walting, wo ein Reiseführer eine hohe Biergarten-Dichte versprach. Wir fanden einen Zehnthof mit sensationell gutem Birnen-Schmand-Kuchen und bodenständiger Brotzeit im Angebot. Wie gut, dass der Rückweg zum Zelt recht lang war, so konnten wir noch Kalorien abbauen.

Am nächsten Tag ging’s weiter Richtung Kipfenberg. Über uns flogen immer wieder Reiher, die sich besonders gern auf abgestorbenen Bäumen entlang der Altmühl niederließen. Sie sind (zumindest für mich) unfotografierbar, da jede kleinste Bewegung sie aufschreckt. Uns umschwirrten dafür Libellen, die je nach Lichteinfall blau, grün oder türkis schimmerten und dunkelblaue (oder sogar schwarze?) Flügel haben. Eine vorbeiflitzende Riesenlibelle stellte sich als Eisvogel heraus. Halt legten wir in Gungolding ein, um beim Schreinerwirt zu entdecken, wie gut Wurstsalat-Marinade mit reichlich süßem Paprikapulver schmeckt. In Kipfenberg, zu Füßen einer Burg, serviert ein Café am Marktplatz den gigantischsten Windbeutel, den ich je gesehen habe. In ihm hatten nicht nur Sahneberge sondern auch reichlich Fruchteis und -sauce Platz. Wir haben uns die Kalorienbombe nicht zugetraut, waren aber auch nach Zwetschgenkuchen mit Eis und Sahne gut abgefüllt. Unsere letzte Etappe führte uns zur Kratzmühle, landschaftlich schön, leider von einer Güllewolke umhüllt. Auf diesem Teil gab es wenige Brotzeitstellen, an denen wir hätten anlegen können. Erst auf der Rückfahrt (mit dem Bus nach Eichstätt, um das Auto zu holen) entdeckte der Niederrheiner in Kinding auf engstem Raum, die von ihm so heiß ersehnte Kombination von Kirche, Maibaum (stehen für: hier gibt es – meist – eine Gastwirtschaft), Metzger und Bäckerei (gleichbedeutend mit: hier können wir uns bestens selbst verpflegen). Zwei Flusstrapper, die uns auf dem Wasser immer mal wieder begegneten und die bis zum Donaudurchbruch fahren wollten, machten uns Lust auf einen weiteren Abschnitt der Altmühl, den oberen: von Gunzenhausen über Treuchtlingen nach Pappenheim. Womöglich wird’s nächstes Jahr wieder etwas mit dieser für mich genialen Mischung aus Naturerlebnis pur, bestem Rückentraining und kulinarischen Freuden.