Neu ist nicht immer besser

In meiner Studentenzeit schaffte ich mir einen Mixer von Quelle an. Das Modell war in einer befreundeten WG erprobt und für unverwüstlich erklärt worden. Damals der neueste Schrei: Ein Extra-Mixstab, der bei Bedarf an das Gerät gedreht werden konnte. Da wir damals Vichysoisse-süchtig waren (kalt, warm, mit und ohne Fondor, daheim- und partytauglich), war der Mixer für mich ein Muss. Er hielt ca. 25 Jahre. Nur einmal musste ich den Mixstab nachbestellen, der inklusive Versandkosten ungefähr genauso teuer war, wie das Gesamtpaket. Im letzten Jahr gaben dann die Schneebesen des Handrührgeräts auf. Ich hätte sie nachbestellt, wäre Quelle nicht inzwischen insolvent gewesen.  Also kaufte ich einen neuen Handmixer, von einer namhaften Firma, ebenfalls mit anschraubbarem Pürierstab. Ich schrottete das Gerät bereits am nächsten Tag: Nie wäre ich auf die Idee gekommen, darauf achten zu müssen, in welche Dockstation ich die Schneebesen stecken musste. Beim Vorgängermodell war das wurscht! Beim Rühren mit dem Neuen stellte ich eine Unwucht fest und während ich mich noch wunderte, knickten die Metallrührer auch schon ein: Backzubehör als “arte povera”. Kulanterweise  tauschte der Großhändler das Gerät um. Zuvor hatte mich der Niederrheiner in die geheime Symbolwelt des modernen Handrührers eingeweiht: ein Kreis, am Schneebesen und am Gerät, ein Sechseck am Gerät und dem anderen Rührer. Ha, wer so um die 50 ist und beim Kuchenbacken keine Brille trägt, KANN das unmöglich erkennen. Hier wünschte ich mir grelle Signalfarben (sollte ich vielleicht meinen Nagellack zweckentfremden?).
Ganz glücklich war ich mit dem Pürierstab – so lange ich nur die Easy-Peasy-Mayonnaise nach Herrn Mälzer aufrührte. Doch dann wurde Herbst und ich begann Cremesuppen zu kochen und zu pürieren. Liebe Rührgeräte-Hersteller: Ich möchte bitte immer noch selbst entscheiden, wann ich meine Küche grundreinige! Ich habe keine Lust, es nach jedem Suppepürieren tun zu müssen. Außerdem trage ich nicht immer eine Schürze, wenn ich mal kurz eine Kürbissuppe aufschäume. Ich finde es lästig, sich nach wenigen Sekunden Pürieren umziehen zu müssen. Konnte ich beim alten Rührer kleinste Mengen spritzfrei durchmöllern, ist das mit dem neuen unmöglich. Ich müsste jedesmal die heiße Suppe in den Pürierbecher umfüllen, also bitte! Oder eher: bitte nicht! Werden in den Betrieben keine Tests durchgeführt, der Prototyp-Pürierstab kochfreudigen Mitarbeitern/innen in die Hand gedrückt? Irgendwie hatte ich gedacht, Fortschritt hieße Verbesserung, wohl falsch gedacht! Aus Verzweiflung und weil ich den alten Mixer entsorgt habe, greife ich nun wieder zum Stampfer. Die Suppe wird dann oft nur stückig, aber ich kann mir zumindest die Putzorgie ersparen. Falls jemand Tipps hat, einen Mixer empfehlen kann oder ähnliche oder ganz andere Erfahrungen gemacht hat, ich würde gerne davon hören.
Dann ist mir noch aufgefallen, dass die Küchengeräte seit Jahrzehnten gleich laut sind. Warum findet auf dem Gebiet keine Entwicklung statt?