Vorletzte Woche hatte ich das große Vergnügen, ein paar Tage in äußerst angenehmer Gesellschaft im Allgäu, genauer gesagt in Schwangau im Ostallgäu, verbringen zu dürfen. Freunde haben dort einen Teil ihres Elternhauses zum späteren Alterssitz um- und ausgebaut. Schon oft hatten sie gefragt, ob ich sie nicht einmal besuchen wolle, und diesmal war ich spontan mit von der Partie. Von ihrer Wohnung aus hat man mal gleich einen ziemlich direkten Blick auf Schloss Neuschwanstein. Aber damit nicht genug: Auch Schloss Hohenschwangau, Schloss Bullachberg und das Füssener Schloss sind zu sehen. Das war Anreiz genug, um in den nächsten Tagen die Umgebung mit ihren smaragdgrünen Seen und den zipfligen Allgäuer Alpen zu erkunden. Wir wanderten um den Schwansee zum Alpsee (ab hier Tschaikowskis „Schwanensee“ als Untermalung innerlich laufen lassen), ständig begleitet von wechselnden Postkartenansichten auf Neuschwanstein und Hohenschwangau sowie die fast mediterran anmutenden Gewässer. Am nächsten Tag bekam ich eine Führung durch Schwangau, die im Café Gerlinde bei ganz hervorragendem Kuchen endete. Anschließend erkundeten wir das malerische und sehr belebte Füssen mit den schönen Gassen und seinem Hohen Schloss, abends ließen wir es uns am Hopfensee beim Abendessen gut gehen.
Nach so vielen Kalorien schien uns eine kleine Bergwanderung angebracht. Sie führte vorbei am tiefgrünen Alatsee, der den Lesern der Kluftingerkrimis aus dem Band „Seegrund“ bekannt sein dürfte. Der Schwangauer Freund erzählte mir glaubhaft, es gäbe dort eine besondere rote Alge, die das Wasser gelegentlich blutrot färben würde. Tauchen sei dort verboten, weil es wegen dieser Wasserlebewesen immer wieder Tote gegeben habe: Wikipedia erzählte mir später eine etwas andere Geschichte. Nach der Seeumrundung ging es hinauf zur Salober Alm, Österreich, wo wir Mittag machten. Die Jungs zog es weiter zum Falkenstein, ich schwächelte auf dem ersten Viertel der Strecke und kehrte zur Alm zurück. Unterwegs traf ich auf eine ausladende, sehr majestätische Buche, die mich ziemlich faszinierte. Den Höhepunkt unseres Kurzurlaubs hatten wir uns für den letzten Tag aufgehoben: Wir machten uns auf Richtung Schloss Neuschwanstein. Unterwegs hat man das Gefühl, man befände sich auf einer sehr weltlichen Pilgerfahrt: Menschen aus aller Frauen (hihi!) Länder, große, kleine, alte, junge, durchtrainierte, gebrechliche, zieht es bergan, um das Märchenschloss von König Ludwig II. einmal mit eigenen Augen zu sehen. Anfangs dachte ich ja, der Prachtbau ist so oft fotografiert worden, den kann ich in natura nicht mehr wirklich schätzen. Allerdings hat mich der Blick von der Marienbrücke über die Pöllatschlucht auf Ludwigs Zuhause im Allgäu eines Besseren belehrt: Die Lage ist einfach atemberaubend! Das führt bei sehr vielen Menschen zum Fotografier- und Selfie-Rausch, wobei durchaus Kleinstkinder mal so hoch gehalten werden, dass sie oberhalb der Brüstung der Brücke schweben, zwar schluchtabgewandt, was sie aber trotzdem ziemlich – von den Eltern unbemerkt – erschrocken aussehen ließ. Ein kleiner Rempler auf der überfüllten Aussichtsplattform und … Wir sind dann schnell wieder auf den Wanderweg ausgewichen und zur Bleckenau aufgestiegen, Ludwigs ehemaligem Jagdhaus und heute ein nettes Gasthaus mit prima Essen. Über einen schattigen Waldweg ging’s hernach bergab, nochmals vorbei an Neuschwanstein, Hohenschwangau, das ebenfalls eine einmalige Lage hat, und einem fantastischen Ausblick auf Schwangau, den Forggensee, Füssen und hinaus ins weite Land. Wie das so ist mit einer schier endlos scheinenden Weite: Sie weckt die Sehnsucht, weiter zu reisen, zu schauen, zu sein – und vielleicht mal wieder ins Allgäu zurückzukehren: Bisher habe ich ja noch keins der Schlösser von innen gesehen – was mir von verschiedenen Seiten inzwischen sehr nahegelegt wurde. Und: Die Ausblicke vom Tegelberg (mit Lift) sowie dem Säuling (mit guter Kondition und Trittsicherheit) sollen ja auch umwerfend sein.