Hoch oben auf dem Prinzenweg

Zugegeben, diese Wanderung habe ich bereits letztes Jahr gemacht. Aber jetzt in der hellsten Jahreszeit, die sich bei der momentanen Wetterlage stundenweise leider als winterdunkel entpuppt, denke ich oft und gerne an sie zurück: Der Mensch nährt sich ja auch von seinen schönen Erinnerungen. Dieser Ausflug bildete den Abschluss meines wunderbaren Seen-Sommers, obwohl es ja in die Berge ging. Aber: Wir starteten in Schliersee, ein Ort mit gleichnamigem See (oder See mit gleichnamigem Ort), den ich mit dem Märchen „Schneewittchen“ verbinde. Ich bin mir fast sicher, irgendwo hier leben die sieben Zwerge – zumindest beschreibt „hinter den sieben Bergen“ ziemlich genau das Landschaftsbild. Meine Freundin E. und ich reisten mit der BOB (Bayrische Oberlandbahn) an, die so nett den Münchner Süden kreuzt und uns den Umweg über München Stadt spart. Vom Schlierseer Bahnhof ging es runter ans Wasser, immer ein erhebender Anblick, vorbei am Café Milchhäusl, das uns kurz in Versuchung brachte einzukehren, zur Breitenbachstraße. Von dort ging’s zum Wanderparkplatz Hennerer, wo der Prinzenweg eigentlich erst beginnt. König Max I. Joseph (1756-1825) soll ihn um 1817 für seine Prinzen angelegt haben.

Der Aufstieg zur Kreuzbergalm ist für Ungeübte, die es nicht eilig und keinerlei Sport- oder Sportwettbewerb-Ehrgeiz haben, sehr gut machbar: Es geht mäßig und doch ständig und in vielen Kehren bergan zur Kreuzbergalm. Sie zu erklimmen ist dann allerdings etwas mühsamer, aber das Alle-paar-Meter-Stehenbleiben lohnt sich sehr: Der Aus- und Rückblick auf den im Tal zwischen den Bergen eingebetteten Schliersee ist schlicht umwerfend. Ich glaube ja Juchzerer sind entstanden, weil die Menschen ihrer Freude in den Bergen Ausdruck verleihen und einfach ob der Schönheit jubilieren wollen. Weiter ging’s Richtung Gindelalmschneid: Von der Anhöhe eröffnet sich ein unglaubliches Panorama: das flache Voralpenland, in dem sehr weit hinten München zu glitzern scheint. Uns zog es ein kleines Stückchen runter zur Gindelalm, zu Speckpfannkuchen und Kaspressknödeln auf der lauschigen Holzterrasse und erneuter Möglichkeit zum seelensättigenden Weitblickwerfen. Nach dem Essen wanderten wir Richtung Neureuth, vom Höhenweg aus schimmert recht plötzlich wieder Wasser hinter den Bäumen hervor: der Tegernsee gibt sich sehr früh die Ehre. Runter zum Ort ist’s dann überraschend anstrengend: Ich glaube, wir haben zwei Stunden bergab gebraucht. Und wenn ich bergab sage, meine ich: Es geht abschüssig (Winterodelbahn!) runter. Die letzten, geschätzten 500 Meter bestanden aus Treppenstufen. Ich war ziemlich dankbar, von Schliersee und nicht von Tegernsee aus gestartet zu sein. Die Vorstellung zwei Stunden nur gradlinig steil bergauf zu laufen, fände ich nicht so prickelnd. In Tegernsee beschlossen wir unsere Wanderung im Herzoglichen Bräustüberl, wo ich mir ein Schmalzbrot und nach der Apfelsaftschorle noch einen Russn gönnte. Bei der Rückreise in der BOB hing ich dann an der Pfefferminzteeflasche meiner Freundin: Zu viel Fett ist eben doch nicht das Wahre. Nach längerem Halt auf freier Strecke beschloss die BOB in Holzkirchen, nicht nach München zu fahren. Wir mussten, wie hunderte anderer Fahrgäste, in die S-Bahn umsteigen und diesmal doch den Umweg durch München Stadt machen. Aber ein gigantisch schöner Sonnenuntergang und die Erinnerung ans atemberaubende Bergpanorama machten das wett.