Die Apostrophierung des Anzapfens

Als Korrekturleserin habe ich’s auch nicht leicht. Zwar komme ich thematisch viel rum, lese mir gepflegtes Halbwissen an, muss mich aber auch mit Fragen beschäftigen, an die ich zuvor noch nie einen Gedanken verschwendet habe. Und bei denen Duden nicht weiterhilft: Heißt es z.B. „AGBs“ oder „AGB“? (Beim Recherchieren stieß ich auf jemanden, der für „AGBs“ plädierte, denn schließlich könnte „AGB“ ja eine EINZIGE Geschäftsbedingung meinen – wie die wohl lauten würde …) Nun wurde ich kürzlich gefragt, ob man nach einer Anrede „o’zapft is!“ oder „O’zapft is!“ schreibt. Die visuelle Abteilung meines Hirns war für „O’zapft is!“, rebellierte aber gleichzeitig. Und tatsächlich: In keinem meiner Bairisch-Wörterbücher kommt in dieser Wendung ein Apostroph vor! Doch egal wohin ich derzeit schaue, es apostrophiert vorwiesnfieberhaft. Zwar gab ich meinem Kunden die Empfehlung, das den Apostroph wegzulassen, kam mir dabei aber vor wie eine Mutter, die ihrem Sohn Pullunder, Stoffhose und Hemd mit Krawatte verordnet, obwohl alle, die wirklich hip sind, Schlabber-T-Shirt und coole Bollerjeans tragen. Vielleicht hat es ja eine Bairisch-Rechtschreibreform gegeben, die an mir vorbeigegangen ist. Demnächst lese ich auf einer Packung im Kühlregal womöglich „O’batzda“. Und dieser Trend schwappt dann sinnentleert ins Hochdeutsche rüber, ich sehe schon „O’ma“, „O’fen“ und „o’der“ auf uns zurollen. Wo kommt dieses dieser Apostroph her? Was will es er? Was soll es er? Muss das? Ich weiß es nicht, hoffe aber, dass nach dem traditionellen Startschuss – ob nun mit oder ohne Apostroph – das Bier wie immer einfach läuft.