Unvergessen: mein erster Besuch im „Weißen Bräuhaus“ im Tal. Das Traditionswirtshaus wurde mir als absolutem Bayern-Greenhorn in meinen ersten Tagen in München empfohlen – hauptsächlich wegen des Weißbiers. Es war Liebe auf den ersten Schluck: Bis heute ist die Schneider Weiße (heute heißt das Original Tap7) meine Favoritin unter den Weißbieren – spritzig, malzig und leicht fruchtig, einfach köstlich! Und auch das Ambiente des Brauhauses gefiel und gefällt mir: Wenn man reinkommt steht man direkt in der Schwemme, wo Jung und Alt, Preißn, Besucher aus aller Welt und Bayern (darunter so manches Münchner Original) einträchtig an langen oder großen runden Tischen zusammenhocken, essen, trinken und ratschen (reden). Wenn es dort recht laut zugeht, mag ich lieber im ersten Stock sitzen, in der Alt Münchner Stub’n oder im Sängereck.
Eine Freude und ein Abenteuer zugleich war für mich als Neuling das Lesen der Speisekarte: Alles scheint exotisch, wenn man noch nicht weiß, was Reherl oder Schwammerl sind, was sich hinter Wammerl und Fleischpflanzerl verbirgt oder was man wohl serviert bekommt, wenn man sich – wie ich – für „Wollwurst“ entscheidet. Während ich also neugierig wartete, wurde an einem der Nebentische ein älterer Mann bedient: Formvollendet stellte die Kellnerin einen Teller mit einer Metallhaube vor ihm ab. Sie hob die Abdeckung hoch und sagte: „Der gesottene Kuheuter für den Herrn!“ Während ich mit lang gerecktem Hals vergeblich versuchte, einen Blick auf seinen Teller zu erhaschen, wünschten die Gäste, die seinem Tisch näher saßen, diesem Esshelden halb verlegen, halb aufmunternd einen „Guten Appetit“. Und den schien er zu haben. Ich grübelte derweil darüber nach, was in der bayerischen Küche mir noch so alles fremd sein könnte. Und ob zum Essen manchmal auch eine gehörige Portion Mut gehört. Für die Wollwurst brauchte es keine Courage: Es ist eine Art Weißwurst ohne Pelle, weshalb sie auch „Nackerte“ heißt. Sie wird in der Pfanne von beiden Seiten abgebräunt und kommt dann mit Kartoffelsalat auf den Tisch.
Anders sieht es mit der Kronfleischküche aus, die im „Weißen Bräuhaus“ noch gepflegt wird: Neben Kalbskron (das Zwerchfell von Rind, Kalb oder Schwein) stehen auch Innereien wie Leber, Nieren, Kutteln und Bries sowie Lüngerl auf der Speisekarte – auch kombiniert als „Münchner Voressen“. Saures Lüngerl allein ist bei den Münchnern so beliebt, dass eine hiesige Metzgereikette es auch in Dosen anbietet. Bis vor einer Woche habe ich mich nicht an dieses Gericht getraut – aber dann! Allerdings nur im Team mit dem weltbesten Niederrheiner und seiner Tochter: also drei Esser – ein Teller Saures Lüngerl. Um es kurz zu machen: Es sieht appetitlich aus, es schmeckt fein süßsauer – aber die Konsistenz ist nicht so meins (Ich bin schon am ostwestfälischen Wurstebrei gescheitert!). Vielleicht muss man damit aufgewachsen sein – oder einen gescheiten Kater haben: Saures Lüngerl gilt als wunderbares Gegenmittel.
Übrigens: Das „Weiße Bräuhaus“ bietet jeden Wochentag ein anderes Schmankerl aus der Kronfleischküche an. Auskunft darüber gibt eine gesonderte Karte oder die Bedienung.