Atempause am See

Nach dem Schnee und vor dem Regen öffnete sich am Wochenende ein kleines Sonnenfenster. Wir nutzten es, um unsere Seelen in Münchens Umgebung baumeln zu lassen, an einem Ort, an dem ich schrecklich gern bin: Weßling. Ich würde das Städtchen rund um den Weßlinger See, dem kleinsten im Fünf-Seen-Land, jederzeit an seinem bauchigen Kirchturm erkennen. Früher bin ich öfter mit der S-Bahn dorthin rausgefahren, um Freunde zu besuchen, die einen strammen Fußmarsch von Weßling entfernt ein Wochenendhäuschen hatten, das sich die ganze riesige Familie teilte. Einmal reichte mir eine Arbeitskollegin eine Kräuterwanderung in Weßling weiter, weil sie an dem dafür anberaumten Samstag plötzlich doch nicht konnte. So lernte ich die nähere und weitere Umgebung von Weßling kennen, Johanniskraut, Kohldisteln, Wilden Oregano, Waldmeister und jede Menge andere einheimische essbare und heilsame Pflanzen. Dort ein Haus am See zu haben, stellte ich mir damals himmlisch vor; und auch heute fände ich es nicht völlig abwegig, wenn denn das nötige Kleingeld da wäre. Aber es ist womöglich eh’ nur der Wunschtraum einer Städterin, die ab und zu gerne Landruhe hätte. Doch: So ruhig wie früher ist es in Weßling nicht mehr, seit im benachbarten Oberpfaffenhofen wesentlich öfter Flugzeuge freie Start- und Landebahn haben.

So genieße ich halt die gelegentlichen Ausflüge nach Weßling, am liebsten im Frühling oder im Herbst, wenn die Badesaison vorbei ist und der See ruht. Er ist ziemlich schnell umrundet. Wie rum man auch geht, immer kommt man am Café am See vorbei. Einkehren ist dort Pflicht. Der Kuchen! Die Terrasse! Der Blick! Das Seelebaumeln! Im Winter wird es zur Anlaufstelle für Schlittschuhläufer und Eisstockschießer. Dann sieht es dort aus, wie auf einigen Gemälden naiver Künstler, obwohl nicht alle Damen Muff und Pelzmützen tragen. Aber alle, auch die Herren, haben dann rosige Wangen, was am Glühwein liegen kann. Bei unserem Besuch paddelte ein ferngesteuertes Kanu über den See, das ein älterer Herr zum größten Teil aus lauter Sperrmüll-Funden zusammengebastelt hatte. Es wirkte täuschend echt, auch beim Paddler war ich mir nicht sicher, ob nicht doch ein winziges Lebewesen … aber nein! Am Ufer träumten ein paar Ruderboote vor sich hin und ich badete meine Augen in Seefarben. Und warf einen Blick auf mein Traumhaus mit den hellblau gestrichenen Holzgiebeln und -schindeln. Wenn ich später nicht doch mal mit einer großen Meute auf einen Vierkanthof ziehe.

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