Morgen beginnt also das Konklave in Rom. Die (katholische) Welt bekommt einen neuen „Papa“. Gebannt blicken alle auf die Sixtinische Kapelle und fragen sich, wann weißer Rauch aufsteigen wird. Aufgewachsen in einem protestantischen Landstrich, an dessen Grenzen es zur Jugendzeit meiner Eltern tatsächlich noch Glaubenskeilereien gab, verfolge ich dieses Ereignis eher aus historischem Interesse. Zu gerne hätte ich aber im Alten Peter in München mit eigenen Augen gesehen, wie der Petrus-Figur im Hochaltar die Tiara abgenommen wird. Das ist seit dem 18. Jh. so Brauch, wenn ein Papst stirbt und die katholische Christenheit dadurch ihr Oberhaupt verliert. Nun ist Papst Benedikt XVI. jedoch zurückgetreten, da musste erst mal überlegt werden, wie mit der Figur in St. Peter, so der offizielle Name der Kirche auf dem Petersbergl mitten in der Innenstadt, umgegangen wird. Es wurde entschieden, an der Tradition festzuhalten. Mit Benedikts Rücktritt am 28.2.2013 um 20 Uhr kam der Kopfschmuck der Petrusfigur runter. Bei meinem Besuch der Kirche eine Woche später stellte ich fest, dass das Altarbild hinter einem Fastenvorhang verborgen ist – den barhäuptigen Petrus bekam ich also nicht zu Gesicht. Die Tiara – die Päpste tragen inzwischen übrigens eine Mitra – steht in der Zeit der Sedisvakanz, des „leeren Stuhls“, im Seitenschiff hinter Gittern auf einem samtbezogenen Stuhl. An der Absperrung hängt ein Bittgebet für den emeritierten Papst und die Zukunft der Kirche. Sobald der neue Papst gewählt ist, wird der Petrus im Alten Peter wieder gekrönt. Auf diese Weise konnten die Menschen früher auf gewisse Weise bei der Amtseinführung des Papstes mit dabei sein.
Übrigens war ich erst vor ein paar Jahren zum ersten Mal IN der Kirche. Ansonsten bin ich immer nur mit verschiedenen Besuchern auf ihren Turm gestiegen. Der wackelt ganz schön, wenn die Glocken läuten. Stehen nicht zu viele Leute gleichzeitig auf dem schmalen Turmumlauf, hat man einen herrlichen Ausblick, auf die Stadt und vor allem auf die Alpen, schönes Wetter – am besten Föhn – vorausgesetzt. Ich war einigermaßen überrascht von der prachtvollen Innenausstattung der Kirche. Und der schönen Liebesgeschichte zwischen den Münchnern und ihrem Alten Peter: Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte die arg zerstörte Kirche abgerissen werden und einer Stadtautobahn weichen. Die berühmte Halsstarrigkeit der Bürger verhinderte das. Spenden wurden gesammelt, die Kirche in neuem alten Glanz wiedererrichtet. Bis zur Einweihung verzichtete der Bayerische Rundfunk auf den letzten Ton seiner Erkennungsmelodie „Solang der Alte Peter“, die wir heute als Ankündigung der Verkehrsnachrichten kennen. Er kam erst am Wiedereröffnungstag der Kirche dazu. Im Außengemäuer steckt übrigens noch eine Kanonenkugel (auf dem Foto unten oben der winzig kleine Hubbel rechts vom Kirchenfenster), die Österreicher im 18. Jh. auf die Stadt abschossen. Der Alte Peter beherbergt mit der Heiligen Munditia auch eine Katakombenheilige, eine Ganzkörperreliquie. Dieses über und über mit Edelsteinen geschmückte Skelett gilt zwar als Patronin aller Single-Frauen – ich besuche sie trotzdem ab und zu. Letztens war sie auf Kur, zur Generalüberholung. In ihrem gläsernen Sarg sieht sie aus wie Schneewittchen, wäre sie das vergiftete Apfelstückchen nicht losgeworden.
Ach ja, wenn ihr mal ohne Uhr in der Stadt seid und wissen wollt, wie spät es ist, schaut zum Alten Peter hoch: Er zeigt euch achtmal die Zeit an.