Zum ersten Mal haben wir Ende September 1982 miteinander geflirtet. Dein sonniges Wesen, deine Weltoffenheit, deine Laissez-faire-Haltung haben mich bereits damals ziemlich beeindruckt. Du hast mich und meine Freunde, mit denen ich angereist war, freundlich aufgenommen, uns deine besten Seiten gezeigt, und auch dein persönliches Umfeld war ganz außergewöhnlich bezaubernd. Sieben Tage eitel Sonnenschein hatten wir miteinander, in denen du auf charmanteste Art versuchtest, mein Herz zu erobern. Aber ich bin von der sturen Sorte und nicht leicht rumzukriegen. Also reiste ich ab und dachte: „Ein Frühherbstmärchen, aber doch nichts für immer.“ Ich war sogar ziemlich sicher, ich würde dich nie wiedersehen. Keine neun Jahre, ein paar Liebschaften und ein langes, weil durch verschiedene Jobs selbst finanziertes Studium später, stand ich im Januar 1991 vor deiner Haustür. Du hast dich zwar an mich erinnert, aber ein herzlicher Empfang sieht anders aus. Spontane Anziehungskraft? Fehlanzeige! Und ehrlich gesagt, ich wusste eigentlich selbst nicht so genau, was ich von dir wollte.
So umkreisten wir uns eine Zeitlang halb misstrauisch, halb interessiert. In den ersten Jahren unseres Zusammenlebens war ich oft verärgert und traurig, oder unsagbar müde und hatte heftige Kopfschmerzen. Doch du hast mich auch oft zum Lachen gebracht, mit deiner ulkigen Sprache, mir die köstlichsten Gerichte aufgetischt oder mich in herrlichste Ecken und Landschaften geführt. Die große Welt im Kleinen, damit hast du mich immer wieder überrascht und mir unzählige ganz und gar großartige Wachstumsmöglichkeiten eröffnet – und sehr viele gute Freunde und Freundinnen beschert. Aber dein größtes Geschenk an mich war, mich in die Abgründe meines Wesens zu führen. Und gleichzeitig gabst du mir das Licht der Musik, der Poesie, der Kunst und des Atems an die Hand, um innere Untiefen selbst ausleuchten und verstehen zu können. Du hast mich in allem meine eigenen Erfahrungen machen lassen und mich gelehrt: „Erfahrungen sind mitteilbar, aber nicht teilbar.“ 25 Jahre sind wir nun zusammen, und wenn ich mal verreise, vermisse ich dich schrecklich. Welcher Art unsere Beziehung ist, werde ich öfter gefragt. Ich antworte dann, wir würden lieber von Begegnung sprechen, in der wir uns aneinander reiben, die uns beständig aufs Neue inspiriert und die wir immer wieder miteinander gestalten. Und so könnte das die nächsten 25 Jahre ruhig weitergehen, nicht wahr mein liebes München?