Wir treffen uns etwa alle zwei Wochen. In einem kleinen Münchner Café. Sie ist ziemlich beliebt, weshalb sie nicht immer da ist. Manchmal steht auch mir nicht der Sinn danach, Zeit gerade mit ihr zu verbringen. Dann weiche ich ihr aus. Mein Freund B. ist eigentlich immer begeistert von ihr. Ich glaube, er hat sie sogar vor mir kennengelernt, als das Café noch Pratz und nicht Wölfl hieß. Damals wie heute stehen die Leute Schlange. Sie wollen sie nicht bloß anschauen, sondern mitnehmen. Oder aber im Hinterzimmer mit ihr verschwinden, wie B. und ich das auch oft tun. Sarah Bernhardt reißt sich in Stücke, um in aller Munde zu sein: Klar, schließlich ist sie die begehrteste Torte in der Konditorei hinterm Gasteig. Bis vor kurzem habe ich geglaubt, es gäbe sie nur dort, sei eine besondere Spezialität des Hauses. Doch die berühmteste Schauspielerin aus der Zeit der vorletzten Jahrhundertwende hat schon damals deutsche Konditoren zu dieser Kreation mit Nussbaiserböden und Buttercreme inspiriert. Beim Wölfl finden wir sie vorzüglich, weshalb sie bei unserem samstagnachmittäglichen Plausch meist mit von der Partie ist. Wir lassen uns aber auch von Schweizer Trüffel, Schwarzwälder Kirsch, Amarettosahne, Frankfurter Kranz, Tiramisu, Zuppa Romana oder gedecktem Apfelkuchen den Kaffeeklatsch versüßen. Und Sarah Bernhardt hat nichts dagegen.