Ist das noch Winterträgheit oder bereits Frühlingsmüdigkeit? Oder einfach akuter Sonnenlichtentzug? So zäh hat meiner Erinnerung nach noch kein Jahr begonnen. Die inneren Freude-Reserven schwinden langsam dahin. Zum Glück haben wir einen kleinen Ausflug in den Norden gemacht, an den Niederrhein und um den Niederrhein herum. Obwohl es recht windig war, schien an zwei Tagen tatsächlich die Sonne. An einem Nachmittag zog es uns nach Oberhausen, in den Gasometer, wo Christo gerade seine „Big Air Package“-Installation zeigt. Da steht Mensch plötzlich in völligem Weiß oder liegt am Boden, um das ganze Szenario voll auszukosten. Oder um die vielen „Shades of white“ ohne Blitz zu fotografieren. Was ich in diesem Paket dachte: Licht am Ende des Tunnels … Schnee … Arktis … Kälte … Weite … Canyonfelsen … Schwung … Höhe … Wie hoch ist das eigentlich? Um das herauszufinden, stiegen wir dann AUF den Gasometer „im Sturmesbrausen“. Dabei musste ich immer „Oberhausen“ von den sehr geschätzten Missfits vor mich hinsummen, eine der schönsten gesungenen, völlig unsentimentalen Liebeserklärungen an eine Stadt. Der Aufstieg auf 115 m war ziemlich anstrengend (ich sollte unbedingt meine Ausdauer regelmäßig trainieren), die Aussicht aber grandios: Das halbe Ruhrgebiet lag uns zu Füßen, den leichten Schwefelduft wehten eiskalte Lüftchen hinfort, die auch den Gasometer ganz schön in Schwingung brachten. Um wieder zu Kräften zu kommen, gab’s später Currywurst und noch viel später Altbier.
Tags darauf fuhren wir nach Venlo, hauptsächlich, um Pommes zu essen. Sie schmecken dort – mit den Fingern aus der Tüte gegessen – himmlisch: Außen sind sie kross, innen schön musig. Sie werden erst vor- und dann fertigfrittiert, wie’s sich gehört! Es tat gut, danach durch die Stadt zu laufen, an der Maas entlang zu spazieren, die irgendwie Meeresnähe ausstrahlt, die Sonne auf allen Poren willkommen zu heißen. Wir sahen zu, wie unsere deutschen Mitbürger säckeweise Kaffee aus Holland herausschleppten und Paletten von Frühlingsblumen. Ein Abstecher führte uns noch nach Roermond mit dem schönen Marktplatz auf dem gerade am Rathausturm das Glockenspiel zu klingen begann. Auf unserer Rückreise machten wir kurz in Greding halt, wo ich zum ersten Mal einen Osterbrunnen sah: Der Ortsbrunnen war mit wunderschönen, handbemalten Ostereiern geschmückt. Zurück in München hatte uns dann die Wintertristesse wieder voll im Griff – aber jetzt habe ich die Sonne wenigstens schon mal gesehen und weiß, es gibt sie noch.