Am Freitag fand ich auf SZ-online einen Hinweis auf eine ganz besondere Veranstaltung in München: die Erste Münchner Bierinseln. Bei dieser Veranstaltung sollte an 22 Orten in der Stadt die Craft Beer Szene vorgestellt werden. Ich bin jetzt nicht die größte Biertrinkerin, aber an selbst gebrautem Bier, das in Mikrobrauereien in Münchner Hinterhöfen oder Garagen entsteht und oft mit ungewöhnlichen Aromen aufwartet, kann ich nicht vorbeigehen. Schnell war mir klar, dass ich nicht alle Brauer würde besuchen können, weshalb ich mir drei aussuchte. Mein erster Anlaufpunkt war dann Samstagmittag die Brauerei im Eiswerk, eine Mikrobrauerei von Paulaner. Sie liegt unweit des Mariahilfplatzes, auf dem gerade die Auer Dult stattfindet, auf geschichtsträchtigem Boden: In der ehemaligen Spießmühle hinter der Paulaner Brauerei (deren Gebäude ja gerade abgerissen werden, weil sie nach Langwied umzieht) installierte Carl von Linde ab 1880 die erste Eismaschine, die über eine Wasserturbine vom Auer Mühlbach angetrieben wurde. Mit ihr konnte ab 1881 künstlich Blockeis hergestellt und damit auch im Sommer Bier gebraut werden. Die Maschine steht nach wie vor im Keller des heute denkmalgeschützten Eiswerks. In einem Raum nebenan, mit Blick auf den Bach, ließ der junge, engagierte Brauereistudent Maximilian Krähe uns Besucher nicht nur beim Einmaischen zusehen: Ein Freiwilliger durfte das geschrotete Malz in den Edelstahlbottich mit warmem Wasser füllen. Durch Umrühren entsteht eine fast müsliartige Mischung, die nun weiter auf einer konstanten Temperatur gehalten wird, bis sich die Stärke in Zucker verwandelt hat. An der Wand der Mikrobrauerei standen für Nichteingeweihte so kryptische Worte wie „anzeugeln“, „spindeln“ und „Jodprobe“. Letztere durften wir ebenfalls miterleben: Jod verfärbt sich dunkelblau, wenn er auf Stärke in der Maische reagiert. Hat die Stärke sich vollständig in Malzzucker umgewandelt, bleibt diese Reaktion aus und der Braumeister kann mit dem Läutern beginnen.
Da dieser Prozess etwas länger dauert, sah ich mir erst die verschiedenen Malzsortenproben an und stellte dann fest, dass in der ehemaligen Braumeistervilla und ihrem schönen kleinen Garten schon eifrig Biere verkostet wurden. Für fünf Euro gab es drei Marken und damit Gelegenheit, drei verschiedene Biere zu testen. Mir waren im Kühlschrank schon die edlen champagnerartigen Flaschen aufgefallen, weshalb ich mir zuerst Weizenbock Mandarin ins Biersommelier-Glas einschenken ließ. Dazu trug ich kleine Käsehäppchen und Baguette auf einer Schieferplatte in den Garten, wo ich in netter Gesellschaft Bier neu genießen lernte. Während ich mich am fruchtig-spritzigen Mandarin ergötzte, kamen jede Menge Ahs und Ohs von den Mitgenießern um mich herum. Das machte natürlich neugierig und ich fragte nach, was meine Nachbarn denn so im Glas hatten. Bourbon Bock3 wurde mir sehr ans Herz gelegt, wenn ich denn Whisky und Eichenfassaromen mögen würde. Mag ich beides sehr und war deshalb ziemlich begeistert: Vor dem ersten Schluck hätte ich niemandem geglaubt, dass es ein Bier gibt, zu dem ein Schokotrüffel passt – jetzt bin ich wieder um eine Erfahrung reicher. Allerdings sollte man sich eine Flasche dieses edlen Getränks mit ein paar guten Freunden teilen (durchaus auch vor einem Kaminfeuer), nicht nur wegen des Preises, sondern auch aufgrund des Alkoholgehalts von 9,2 % Vol. Meine dritte und eigentlich letzte Bierprobe war dann das Comet Ale: Auch dieses dunkle, leicht bittere und zugleich frisch-beerige Bier traf ganz und gar meinen Geschmack und weckte Erinnerungen an die letzte Englandreise. Meine Sitznachbarinnen fanden das Ale eher gewöhnungsbedürftig. Mittlerweile waren wir Bierverkoster fast zu einer verschworenen Gemeinschaft zusammengewachsen. Es wurde angeregt geplaudert, über Aromen, Biere, Brauer, Mikrobrauereien und Bierveranstaltungen in München, übers Wandern im Allgemeinen und Pilgern auf dem Jakobsweg im Besonderen, und ich wurde von einer netten Österreicherin und ihrem Freund noch auf zwei Eiswerk 1881 eingeladen. Die Österreicherin hatte vorher mehrfach beteuert, sie sei absolut kein Bierfan, sondern passionierte Weintrinkerin. Sie war selbst verblüfft, wie gut ihr das Eiswerk 1881 schmeckte. Als einer der jungen Brauer an unserem Tisch vorbeikam, um die gebrauchten Gläser abzuräumen, bedankten wir uns für die wunderbaren Bierspezialitäten. Er meinte: „Die sind mit Liebe gebraut.“ Ja, das haben wir herausgeschmeckt. Und ich hoffe, dass diese spezielle Zutat weiteren Bierkreationen zugute kommt.
Die anderen Bierstationen, die ich mir herausgesucht hatte, blieben gestern unbesucht – meine Bierseligkeit wäre nicht mehr zu toppen gewesen. Aber ich peile jetzt eine Brauereiführung bei Paulaner an, solange der Betrieb noch in der Stadt ist, und um den hauseigenen Brunnen zu sehen.