Mag ja sein, dass früher mehr Lametta war, aber mit Sicherheit nicht eine derartige Krapfenvielfalt. Krapfen, oder Berliner, wie man in meiner Heimat sagt, die in Berlin wiederum Pfannkuchen heißen, gab es damals in maximal vier Ausführungen: Mit Kristall- oder Puderzucker bestreut, mit heller (Aprikose) oder dunkler (Erdbeer) Marmelade gefüllt, basta. An diese Füllung zu kommen, war die eigentliche Herausforderung beim Berliner-Essen. Entweder erwischte man sie sofort und hatte dann mit dem trockenen Rest zu kämpfen oder umgekehrt. Oder: der Berliner hatte keine Füllung, weil der Bäcker sie vergessen hatte. In Bayern ist der Krapfen DAS Faschingszeitgebäck. Kurz nach Neujahr kommt es zu einer Art Berliner-Explosion, und wer glaubt, er könne jetzt bereits mit einer Frühjahrsdiät beginnen, braucht einen unglaublichen eisernen Willen. Und: In den letzten Jahren werden die Krapfen-Kreationen immer fantasievoller. Cranberry-Berliner, Erdbeer-Rhabarber, Crème brûlée, Schoko-Mousse, Hugo – wochenlang könnte man jeden Tag eine andere Sorte essen. Ab Weiberfasching dient der Krapfen ja als Stärkung und Unterlage, um die tollen Tage kräftemäßig durchzustehen und dem Alkohol etwas entgegen zu setzen – darüber informierte mich eine Freundin, die davon im Morgenmagazin aus Köln gehört hatte.
Ich habe dieses Jahr einfach mal kreuz und quer Krapfen probiert und küre in dieser Hitparade meine drei Favoriten:
Auf Platz 3 der allzeitgute Fränkische Hagebuttenkrapfen von Rackls Backstubn. Total schlicht, mit Kristallzucker-Oberfläche und leicht herbem Hagebuttenmus gefüllt, also nicht so süß. Ich fragte ihn schon im Herbst an, doch die Bäckereifachverkäuferin meinte, da müsse ich nach Silvester wiederkommen.
Den zweiten Platz belegt der Bienenstich-Krapfen von Bäckerei Ihle. Er, hurra!, ist auch außerhalb der Faschingszeit zu bekommen. Leckere, kross-knackige Mandelstreusel verbinden sich beim Reinbeißen aufs Schönste mit dem weichen Hefeteig und der üppigen Vanillesahne. Für mich hat er Suchtpotenzial.
Nummer 1 ist dieses Jahr der Germknödel-Krapfen auch aus dem Hause Rackl, wegen des Überraschungseffekts: Von außen hat dieser Krapfen Ähnlichkeit mit einem Mohnbrötchen, aber der Mohn ist mit feinem Zucker gemischt und beides haftet auf einer dünnen Vanilleschicht. Gefüllt ist der Krapfen mit Powidl, also Pflaumenmus, klar – UND Vanillesauce! Zwei unterschiedliche Füllungen in einem Krapfen, also ich finde, dafür hat der Germknödel-Krapfen den Sieg verdient.
Übrigens könnte ich mir vorstellen, dass einige der Faschingszeit-Krapfen das Zeug hätten, den hippen Cronuts in New York den Rang abzulaufen. Es gibt ja auch noch die üppigen Varianten, bei denen der Krapfen aufgeschnitten und mit Tiramisu-, Eierlikör- und Schwarzwälderkirsch-Creme gefüllt wird. Falls also jemand in die USA auswandern und sich dort ein kleines Imperium aufbauen möchte, vielleicht wären Bavarian Doughnuts einen Versuch wert?